Liebevoll Grenzen setzen Teil 4

An einem Strang ziehenVerantwortung und Vertrauen
Die Regel der Verantwortlichkeit

Blicken wir wieder kurz in den Alltag von Familie Townsend:
Als Ricky und Benny noch kleiner waren, stritten sie sich oft, wie das bei Geschwistern eben so ist. Wir als Eltern fungierten als Moderatoren und Richter. Wir hörten uns die Klagen an und sammelten Fakten und entschieden am Ende der Diskussion wer Recht und Unrecht hatte. Wir machten ihnen Vorschläge wie das Problem zu lösen war. Das Stofftier zurückgeben, sich entschuldigen oder was auch immer.  Das System funktionierte ganz gut, bis wir bemerkten, dass wir immer mehr Zeit damit verbrachten und die Jungs sich auf unsere elterliche Weisheit verließen. Wir entschlossen uns deshalb es anders zu machen.
Wir machen heute mal was anderes: ab sofort kommt ihr mit einem Problem erst zu mir oder Mama, wenn ihr schon selbst darüber geredet habt. Versucht es selbstständig zu lösen. Wenn es nicht klappt, könnt ihr immer noch zu uns kommen. Allerdings wird dann derjenige, der an der Sache Schuld ist, eine Konsequenz zu spüren bekommen!“
Was lernten unsere Kinder daraus?

  • dadurch war der Angeklagte natürlich erpicht, die Sache selbstverantwortlich zu regeln
  • diese Verantwortung für eine Lösung machte sie stolz, weil sie ihre Eltern nicht ständig brauchten
  • sie lernen für sich und ihre Streitigkeiten selbst verantwortlich zu sein.(natürlich in einem bestimmten altersentsprechendem Rahmen)

Kinder reifen mit zunehmender Alter in der Verantwortung für ihre eigene Bedürfnisse und Probleme. Wenn wir wütend sind, müssen wir mit dem umgehen was uns wütend gemacht hat, statt jemand zu suchen, der uns beruhigt. Diese Eigenverantwortung ist Kindern nicht angeboren. Im ersten Lebensjahr ist ein Baby sogar genau mit dem MED_0106Gegenteil beschäftigt. Jedoch auch ein Säugling übernimmt schon einen Teil der Verantwortung für seine Bedürfnisse. Es schreit, wenn es hungrig ist oder ihm sonst irgendetwas fehlt. Streckt es die Ärmchen, möchte es gehalten werden etc.
Ein großer Teil der Erziehungsarbeit wird also sein, dass unsere Kinder mehr und mehr die Verantwortung für ihr Leben übernehmen müssen. Nun stellt sich die Frage:
Wieviel % von dem was ich heute bin, ist meine eigene Verantwortung?
Man geht davon aus, dass wir als Eltern von unserem 100%igen Einsatz 30% Anteil haben, an dem wie ein Kind sich entwickelt. Die 70% der Verantwortung dafür trägt das Kind selbst.

Wofür Kinder Verantwortung übernehmen müssen:MED_0028

  1. Gefühle
  2. Einstellungen
  3. Verhalten

Beleuchten wir gemeinsam diese drei wichtigen Bereiche des Lebens. Sie sind wie Schätze, also Dinge von einem unermesslich großen Wert für die Persönlichkeit und Entwicklung des Kindes. Die Art wie wir lieben, arbeiten und dienen. Dazu eine Beispielgeschichte:

  1. Gefühle
    Cheryl war am Ende ihrer Weisheit. Ihr 11-jähriger Sohn Nathan bekam jedes Mal Wutausbrüche, wenn er wegen irgendetwas frustriert war. Er schrie, stampfte, knallte die Türen zu oder warf mit Gegenständen. Cheryl lies ihn gewähren, um seine angestauten Emotionen raus zu lassen und beruhigte ihn so gut sie konnte. Schließlich sagte ein guter Freund zu ihr: „Du erziehst Nathan zu einem wandelnden Wutausbruch“!
    Mit wenig Hilfe änderte sie ihre Reaktionen. Sie machte Nathan deutlich, dass er ihr immer sagen dürfe was ihn so wütend mache und sie gemeinsam nach einer Lösung suchen würden. Jedoch könne sie sein bisheriges Verhalten nicht mehr akzeptieren. Als Konsequenz, falls es wieder passieren sollte, müsse er auf sein Zimmer ohne Handy, Computer, TV oder sonstigen Ablenkungen. Die Anzahl der Minuten, die er die Familie bis dahin nerven würde, müsse er in zusätzlichen Hausarbeiten abarbeiten. Sie gab ihm noch zu verstehen, dass sie ihm helfen wolle, seine Gefühle besser in den Griff zubekommen.
    Nach einer Prostestphase beruhigte sich Nathan schnell. Er begann seine Probleme als Probleme zu betrachten und nicht als Explosionsgrund.
  2. Einstellungen
    Einstellungen unterscheiden sich deutlich von Gefühlen, denn sie beinhalten die Haltung  oder Meinung die wir im Blick auf eine Person oder Sache haben. Sie sind die Basis für viele wichtige Entscheidungen, die wir im Laufe unseres Lebens treffen. Sie stehen in direkter Beziehung zu uns selbst, der Rolle innerhalb der Familie, unseren  Freundschaften, der Schule und Arbeit. Die Einstellung zu moralischen Fragen,(Sex, Drogen, Gangs) entwickeln sich über die Wertevorstellungen und unsere Haltung zu Gott selbst. Das biblische Prinzip kann dabei eine große Hilfe sein (Matthäus 7,1-5): Bevor man den Splitter im Auge des Freundes ansieht, soll man erst den Balken aus dem eigenen Auge betrachten. Es ist eine praktische Übung um Einstellungen zu überprüfen. Im Sinne von: wenn du ein Problem hast, überprüfe zuerst, was du selbst dazu beigetragen hast.
    Situation: ein Mädchen in der Schule ist gemein zu mir.
    Splitter:    Sie ist so fies!
    Balken:    Womit könnte ich sie verletzt haben?
  3. Verhalten
    Nachahmung, Vorbilder, Liebe, Lehre und Erfahrung prägen das Verhalten. Kinder müssen aber ebenfalls lernen, dass ihr Verhalten ihre eigene Angelegenheit ist. Verhalten ist zuerst mal impulsgesteuert. Kinder koppeln Emotion und Handlung direkt aneinander ohne Nachzudenken und Wertvorstellungen oder ein Mitgefühl für andere mit einzubeziehen. Eine Steuerung ist noch nicht aktiviert.

Zwei kleine Beispiele dazu: ohne Grenzen
Ursache: Ich bin ungehalten, weil du mich nicht länger fernsehen lassen willst!
Effekt:     Ich heule und bekomme einen Wutanfall
Ein Kind, das Grenzen kennt, verhält sich ungefähr so:
Ursache:  Ich bin ungehalten, weil du mich nicht fernsehen lassen willst.
Gedanke: Ich könnte jetzt ausflippen, aber dann verliere ich vielleicht noch mehr als   nur die Fernsehzeit. Besser ich gebe nach!
Effekt: Ich gehe und mache meine Hausaufgaben!

Kinder lernen ihren Verstand einzuschalten, indem man sie ernst nimmt, ihnen erklärt, wie Abwägen funktioniert und indem man sie Erfahrungen sammeln lässt.

  • Ernst nehmen: Lassen Sie ihr Kind wissen, dass seine Gefühle echt sind, auch wenn sie nicht unbedingt realistisch sind!
  • Erklären: Sagen Sie ihrem Kind, dass Wutausbrüche unangemessen sind. Nennen Sie ihm andere Möglichkeiten mit seinen Gefühlen umzugehen. z.B. darüber reden oder aufschreiben… überlegen Sie gemeinsam wie es besser zu dem kommt, was es eigentlich möchte.
  • Erfahrung: Lassen Sie das Kind anhaltend Konsequenzen für unpassendes Verhalten spüren und loben Sie es, wenn es Ansätze macht, sich angemessen zu verhalten!

Zusammenfassend kann man also sagen, die Regel der Verantwortlichkeit hat einen Foto 2 (10)großen Anteil im Bezug auf die Reife eines Kindes. So manches auffällige Verhalten bei Konfliktbewätigung hat darin seine Wurzeln. Versuchen wir deshalb die Gefühle, die Einstellungen und das Verhalten unserer Kinder ernst zu nehmen und darüber zu sprechen. Lassen wir sie Erfahrungen machen, die ihnen helfen, ihren Lebenswagen selbst zu ziehen!

Viel Erfolg beim Umsetzen!

Herzliche Grüße
Dorothea